[Juli 2017] Weingutsbesuche verlaufen häufig nach einer ähnlichen Dramaturgie: Zum Besuchsbeginn einleitende, erläuternde Worte zum Weingut und den Weinen. Rundgang durch die Weinberge und/oder dem Weinkeller, Weinprobe und abschließender Besuch des Shops.
Bei meinem letzten Besuch kam es ganz anders. Als ich João Tavares Pina, einem Naturwein-Winzer mit Herz und Seele, anrief um den Besuchstermin abzustimmen, schlug er vor: "Du magst doch gute Speisen zu einem gutem Wein? Komm nächste Woche Mittwoch, da habe ich Freunde zu Gast, die meine Weine probieren und die ich bekoche. Du bist herzlich eingeladen ..."
Um die Quinta da Boavista in Penalva do Castelo, idyllisch gelegen auf über 450 Höhenmetern im Bezirk Castelo de Penalva, halbwegs problemlos zu erreichen bedarf es schon GPS-Unterstützung. Malerisch eingerahmt von der umliegenden Hügellandschaft unweit der Serra da Estrela liegt das Landgut der Familie Tavares de Pina ...
João begrüßte mich nett und stellte mir seine Freunde vor, eine Gruppe Weinliebhaber aus der Region Braga, die sich regelmäßig treffen um gemeinsam zu kochen, zu schlemmen und dabei das eine oder andere Fläschchen Wein leeren. Unmittelbar danach ging es in die rustikale Küche, wo der Gastgeber die letzten Vorbereitungen für das Mittagessen traf und wir Gäste fleißig zur Hand gingen ...
Es wurde Knoblauch gehackt, Chillies, Pilze und Speck geschnitten. In die Weingläser kam ein junger, unfiltrierter Orange Wine, der wunderbarer gehaltvoll mit den Leckereien harmonierte, die so beim schnibbeln "abfielen" - unter anderem ein schwarzer Speck mit Kräuterkruste, hauchdünn geschnitten, dessen feines Fett sich am Gaumen unter leichtem Druck der Zunge sanft auflöste. Toller Wein mit fantastischem Aromenspiel, was für ein Auftakt!
Die Vorbereitungen waren abgeschlossen, zwei große Keulen schmurgelten im Backofen. João lud uns zu einem Spaziergang durch einen Versuchsweinberg ein und Joãos charmante Frau verabschiedete sich mit den Worten: "So Jungs, ich lass euch jetzt allein, viel Spaß und macht mir nicht das Haus kaputt ... " :-)))
Von der portugiesischen Rebsortenvielfalt konnte uns der Weinmacher und Pferdezüchter João Tavares Pina auf den Weg zu seinem "Spielplatz" berichten. Vorbei an galoppierenden Lusitanos, über einen hölzernen Steg hinweg den Rio Ludares überquert, ging es zu einer kleinen Versuchsparzelle, auf der João so ziemlich alle 49 zugelassenen Rebsorten (24 Rote und 25 Weiße) der Dão-Region angepflanzt hat.
Die Pflanzungen dienen dem Schutz und der Erhaltung der genetischen Vielfalt, das Material stammt häufig vom Institut in Nelas.
Ein wahres Kuriositätenkabinett, das wir bei der Führung kennenlernen durften.
Einige der Rebsorten kennt oder vermutet man eher am Douro oder im Bairrada, wie z.B. Bastardo oder Baga. Von der weißem "Jampal" hätte ich hingegen nicht vermutet, dass diese in der Region so weit verbreitet ist.
João steht nicht so sehr auf die Rebsorten mit den ganz dominanten Primäraromen, wie z.B. Pfirsicharomen, sondern mehr auf die Rebsorten, die die erdigen und mineralischen Töne des Terroirs im Glas widerspiegeln. Eine Casta hat es João besonders angetan - die Jaen. Dazu später mehr.
Zur Quinta da Boavista gehören insgesamt etwas über 6ha eigene und gepachtete, stark parzellierte Weinberge, die in einer Höhenlage von 500 bis 550 Höhenmeter stehen.
Es wurde viel und angeregt gefragt, diskutiert, über Synonyme in anderen Regionen gegrübelt, über natürliche (biologische) Arbeitsweise im Weinberg referiert bevor es langsam wieder retour zum Landgut ging ...
Zurück beim Weingut konnten wir weitere Weine probieren, natürlich in Verbindung mit den vorbereiteten Leckereien, die unser Gastgeber in unserem Beisein in die Pfannen bugsierte um daraus ein formidables Menü zu zaubern ...
Kurz noch einmal in der Küche gemeinsam angestoßen, Brot aufgeschnitten, die Tafel im Gästezimmer gedeckt und los ging es mit der Vorspeise: Knackiger, grüner Spargel, der mit Speck, Cogumelos und reichlich Knoblauch serviert wunderbar zum jungen Orange Wine passte ...
Ich habe zuvor bereits auf die besondere Leidenschaft des Winzers zur Rebsorte Jaen angedeutet, Joãos Meinung nach die Traube mit dem größten Potential am Dão ...
Zur Jaen hatte ich stets ein ambivalentes Verhältnis, das sich in den letzten Jahren (z.B. dank der Quinta dos Roques/Maias) stark zum positiven gewandelt hat. Eine schwierige Rebsorte, die als Monocasta ausgebaut meist Hopp oder Top-Weine hervorbringt.
Ab dem nächsten Gang, Tamboril (Seeteufel/Lotte) und Camarões kurz in Olivenöl mit reichlich Knoblauch und Chili-Ringen angeschwitzt ...
... kamen die Weine Schlag auf Schlag zum verköstigen auf den Tisch. Der Tamboril war ein Gedicht, die roten Chilis gaben eine dezente Schärfe und der Sud lud geradezu zum auftunken ein! Köstlich.
Es kamen die Rotweine und - nach rund zwei Stunden im Backofen - die Keulen (außen knusprig , innen so zart, dass unser Gastgeber den Knochen mit einem Ruck aus dem Fleisch raustrennen konnte) samt Kartöffelchen auf den Tisch.
Quinta da Boavista - Terras de Tavares Reserva 1997
Der erste Jahrgang von Tavares de Pina Wines. Absolut auf den Höhepunkt. Robuste aber runde Tannine. Ein Wein aus alten Weinbergen mit gerade einmal 12,50 % Vol. Ein echter Vertreter der Dão-Region.
Quinta da Boavista - Torre de Tavares Dão DOC Jaen 2007
Extrem weich, dabei würzig und komplex dank Kirsch- / Beerennoten und Pinienaromen. Ausgebaut je zur Hälfte in amerikanischer und französischer Eiche. 10 % der Rufete tragen zu einer angenehmen Säure bei. Ganz, ganz großes Kino auf dem Gaumen - und dabei absolut authentisch!!!
Die Weine der Quinta da Boavista dürfen übrigens nicht unter diesem Label vermarktet werden, da die Namensrechte durch Portugals größten Weinproduzenten, der SOGRAPE-Gruppe, für die gleichnamige Quinta am Douro geschützt wurden. Kleines Detail am Rande: Ausgerechnet von Sogrape, deren Präsident João Tavares de Pinas Vater einst war.
Wir probierten noch weitere Jahrgänge, z.B. Terras de Tavares 2002, 2003 und 2006 und die Runde sympathischer und unprätentiöser Weinliebhaber diskutierte angeregt bis in die Abendstunden über Joãos Weine und den portugiesischen Weinbau, insbesondere über die naturnah hergestellten Weine. Die überaus ledendigen Gespräche nahmen mich so mit, dass ich gar nicht groß dazu kam, mir formale Verköstigungsnotizen zu machen. Markant war, dass die Weine der einzelnen Jahrgänge sich stark unterschieden - ein Merkmal der "Naturweine". Wein ist ja per se ein Kulturprodukt, doch die naturnahe Herstellung steht für möglichst wenig Eingriffe sowohl im Weinberg als auch im Weinkeller durch den Erzeuger. Und so entstehen halt eben keine uniform schmeckenden Produkte!
Selbst bei schwierigen Jahrgängen mit extremen Wetterbedingungen wie 2003 kann Tavares de Pina Wines mit einem hochkomplexen und stoffigen Reserva überzeugen. Das Weingut ist ein hervorragendes Beispiel mit welcher Vielfalt einem der portugiesische Weinbau begegnen kann!
Für mich war der beste Wein des Tages/des Tastings ein Torre de Tavares Dão DOC Jaen 2007! Ausgerechnet ein Jaen!
Grand malheur, der Wein ist ausverkauft - der Winzer hat nur noch wenige zurückgestellte Flaschen für Verköstigungen und ähnliche Events. Als ich am Ende des Tages einige Flaschen kaufte, konnte ich dank Hundeblick João überzeugen, mir doch eine Flasche Jaen 2007 zur Nachverköstigung zu verkaufen (20 EUR, alle anderen Roten 10 EUR/Flasche).
Nachverköstigung? Segunda volta? Genau, manchmal sorgt das besondere Flair beim Besuch einer Quinta dafür, dass man die verköstigen Weine besonders positiv wahrnimmt. Professionell geschulte Gaumen mag das ja weitgehend unbeeindruckt lassen, ich hingegen teste gerne in Alltagssituationen nach, ob der Wein auch da noch hält, was er einst versprochen hat.
Beim Torre de Tavares Jaen 2007 easy-peasy! Zurückgekehrt nach Deutschland entkorkte ich den mitgebrachten Jaen 2007 zu einem entspannten BBQ auf unserem Balkon. Feuertaufe bestanden! Sowohl auf meinem Gaumen als auch bei meinen Gästen konnte der Tinto locker überzeugen!!!
Alles in allem war es ein unvergleichliches Erlebnis, das uns João da bereitet hat: Köstliche Speisen, geniale Weine! Muito obrigado! So sicher wie das Amen in der Kirche: Ich werde die Quinta da Boa Vista erneut besuchen! Ebenfalls danke an die lockere Truppe äußerst kompetenter und aufgeschlossener Weinliebhaber. Ich denke auch hier ist ein Wiedersehen nicht ausgeschlossen, zumal einer aus unserer Runde, André Antunes, mit dem Delicatum ein Restaurant/eine Weinbar mit einer verlockenden Speise- und Weinkarte in Braga führt.
Zweimal 2005er Terras de Tavares. Den TERRAS DE TAVARES RESERVA 2005 DOC DÃO aus 85% Jaen und 15% Touriga Nacional habe ich hier in Deutschland für 14,90 EUR/Flasche gekauft, den TN habe ich aus Portugal mitgebracht. Beim Reserva 2005 sind durch den Ausbau in amerikanischer Eiche und die Nachreifung in der Flasche die deutlich präsenten Tanine schön glatt poliert. Johannisbeeren- und Schwarzkirchenaromen, dazu zarte Piniennoten und ein erdiger Touch. Eine sehr komplexe Aromenfülle, viele Schwebstoffe, ein Naturwein der die Region bestens repräsentiert ...
Tiefviolett, beim "schnüffeln" eine deutliche Note nach feuchtem Barrique. Auf dem Gaumen zeigt die Dão-Edelrebe was sie am besten kann: präsent sein! João wird es nicht gerne hören, aber die Touriga Nacional strotzt nur so mit Primär-Aromen: Kirsche, Beeren und davon reichlich! Dazu eine fette Komplexität und "Erdigkeit". Tolles Mundgefühl. Ein naturreiner Vinho, mit dem man auch die Zeitgenossen einfängt, die sich an hohen Parker-Bewertungen langhangeln ...
Auch wenn der 2008er nicht zum "Königsmörder" avanciert, es fehlt nicht viel zum 2007er ...
[Oktober 2018] Rückschau! Ich habe der gottseidank von den Bränden verschonten Quinta da Boavista einen erneuten Besuch abgestattet. Eigentlicher Anlass: Ich wollte einige Flaschen vom zwischenzeitlich abgefüllten "Rufia" erstehen, hat mich doch besonders der orange Rufia bei meinen Erstbesuch fasziniert und nachhaltig beeindruckt.
Das Weingut präsentierte sich nach dem trockenen Sommer im goldenen Herbstkleid ...
João, wieder einmal geduldig und zuvorkommend, nutzte die Gelegenheit mich durch seine Adega zu führen ...
Die Daten auf den INOX-Fermentationstanks zeigen den extrem frühen Zeitpunkt der Lese 2017 an ...
Wir probierten aus verschiedenen Tanks junge "Rufetes" von unterschiedlichen Parzellen mit verschiedenen Böden. Erstaunlich: Ton - mehr Säure, Granit - mehr Frucht.
Der Winzer vermittelte mir einen Eindruck davon, wieviel Knowhow und Fingerspitzengefühl es im Keller bedarf, dem Kulturprodukt Wein so viel wie möglich "Natur" mitzugeben und doch darauf zu achten, dass der Wein nicht "kippt". Die Roten der verschiedenen Parzellen werden später verschnitten unter Zugabe von einem absoluten Minimum an Sulfit zwecks Stabilisierung.
Weinbau am Dão, das bedeutet zergliederte Parzellen, mit variierenden Böden, mit unterschiedlicher Ausrichtung bei ganz unterschiedlichen Höhenlagen. Die Weinberge der Quinta da Boavista liegen auf beiden Seiten des Tals. João nahm mich mit auf eine abenteuerliche Tour zu und durch seine Weingärten, zu Neuanpflanzungen und zu Grundstücken, deren Kultivierung noch bevorsteht.
Herrliche, weitgehend naturbelasse Weingärten eingerahmt von Eichen-, Pinien- und Eukalyptuswäldern.
Ein gutes aber auch schwieriges Jahr für den Weinbau in der Region. Ende April gab es Frost und so bedurfte es einem "second pruning" bei dem die erfroren Triebe zurückgeschnitten wurden. Somit konnten die betroffenen Ruten erneut austreiben. So einen zurück geschnittenen Trieb kann man im Bild oben links gut erkennen.
Anschließend fuhren wir zum im Dorf gelegenen Lager der Quinta. Ein Spediteur hatte durchgebimmelt und wartete dort bereits auf uns, um drei Paletten zum "shipping" Richtung Belgien und Nordamerika entgegen zu nehmen.
João umwickelte die vorbereiteten Paletten eigenhändig mit Stretch-Folie. "Siehst du", sagte er lächelnd zu mir, "bei den kleinen Erzeugern muss der Weinmacher alles selber erledigen".
Schön, dass sich João die Zeit genommen hat, mir einen Nachmittag lang all diese Eindrücke zu vermitteln. Dafür ein ganz großes muito obrigado!
Beim "Orange" mag ich dem Hype ein Stück weit hinterherhinken - den ersten dieser Art habe ich (erst) Anfang 2014 probiert. Da war der "Trend" schon im Gange. Trend "entre aspas", denn maischevergorene Weißweine, darum handelt es sich bei "orangenen" Weinen, bleiben ein Produkt aus der Nische / für die Nische! "Orange" kann ausgesprochen vielseitig sein, geschmacklich wie farblich. Es handelt sich also mehr um einen Gattungsbegriff, der als gemeinsames Merkmal Weißweine umfasst, die eine Maischegärung durchlaufen haben (also wie Rotweine mit den Beerenschalen vergoren werden).
Bei João Tavares de Pina jedenfalls ist "Orange" farblich Programm, präsentiert sich der Rufia Orange 2016 doch mit einem kräftigen gold-orange ...
Rebsorten: 50% Jampal, 15% Malvasia Roxa, 10% Encruzado, 7% Cerceal Branco, 7% Malvasia Fina Branca, 6% Bical und 5% Arinto.
Aprikosen- und Orangenschalenaromen in der Nase, sehr fruchtig am Gaumen, ausgesprochen Komplex mit Limettenfrische im Nachgeschmack. Was für ein frisches Vergnügen, dass dieser organisch angebaute Wein bietet.
"Rufia", der "Halbstarke", der "Raufbold", der "Rowdy" - eine treffende Bezeichnung für die wilden, unangepassten Weine der jungen Serie mit den treffenden Illustrierungen der Künstlerin Marguerita Bornstein auf den Etiketten ...
Rufia DOC Dão Tinto 2015 - Tomatenaromen, Kräuter, aber auch Frucht. Würzig, rustikal was der Winzer da mit gerade einmal 12% aus den Rebsorten Jaen, Rufete und Touriga Nacional komponiert. Ein vielschichtiges Geschmackserlebnis.
Terras de Tavares Reserva 2003 - Tavares de Pina präsentiert mit diesem gereiften Wein aus den Rebsorten Touriga Nacional und Jaen einen Tinto von violett-bräunlicher Farbe, geschmacklich ausbalanciert mit - trotz der Jahre auf dem Buckel - einer würzigen Frische. Spürbare, bestens eingebundene Tannine, welche den Beeren- und Pflaumenaromen Komplexität und Kraft mitgeben. In der Nase verleihen leichte Pinien- und Harznoten dem Wein einen besonderen Charme. So schmeckt der Dão! Nicht glattgeschliffen, sondern rustikal, authentisch, bodenständig. 13,50 %. 10 EUR direkt bei der Quinta. Bravo!
[Juni 2019] Auch dieses Jahr habe ich mich wieder mit João verabredet. Ich war neugierig auf seinen Debut-Rosé und neue Jahrgänge. Die Quinta da Boavista ist für mich ein echter Wohlfühl-Ort und der Besuch jedes mal ein regelrechtes abtauchen in eine "Ruhe, Natur pur und Genuss"-Stimmung. Keine schlechte Kombination, wie ich finde. ;-)
João versteht es, einen Besuch seines Weinguts mit "Emotionen aufzuladen". Er nimmt sich viel Zeit, bevor es in den Keller geht. Jedes Treffen beginnt traditionell mit einem ausführlichen Spaziergang durch seine Weingärten, was ich sehr schätze ...
Die Antipode zum Nachhaltigkeitsprinzip der kleinen Weinbauern in Zentral- und Nordportugal, auf die ich zuletzt meinen Fokus gelegt habe, sind die schroffen, kargen Weingärten im Alentejo, wo zwischen den Rebzeilen nur braune Bodenkrume zu sehen ist. Ganz anders bei der Quinta da Boavista: Hier wachsen Gräser, Wildblumen und Klee zwischen den Rebstöcken. Ein Tummelplatz für Käfer, Wildbienen, Schmetterlinge und andere Bestäuber. Eine wunderbare Kulturlandschaft, Paradebeispiel für Biodiversität, im Einklang mit der Natur.
Natürlich mäht der Winzer aus Brandschutzgründen im Frühsommer einmal die Flächen, aber der Grünschnitt bleibt liegen und schützt den Boden vor den Einwirkungen der starken Sonne.
Hund "Castelão" war unser treuer Begleiter auf unserem Rundgang.
Bei den im biologischen Weinberg erlaubten Spritzmittel (Kupfer- und Schwefelbrühen) verwendet João Dosen unterhalb der strengen Demeter- und Delinat-Richtlinien, obwohl er seinen Betrieb gar nicht zertifizieren lässt. Zum Einsatz kommen die biologischen Spritzmittel gegen das Mehltau-Problem überwiegend wenn Regen prognostiziert ist.
Nach dem ausführlichen Spaziergang durch die prächtigen Weingärten, bei denen ich viel über die Arbeit im Weinberg erfahren konnte, gab es dann einen ebenso tiefen Einblick in die Arbeit im Weinkeller. João ließ mich so ziemlich alles als Tank- oder Cask-Sample durchprobieren, was er derzeit im Keller hat ...
All die Ausgangsweine für den kommenden Rufia-Jahrgang schmeckten mir sortenrein aus den Lagertanks bereits richtig lecker. Alle Weine weisen überwiegend einen sehr geringen Alkoholgehalt. Fast alle waren im Prinzip bereits trinkreif und werden vor der kommenden Lese final zum Cuvée verschnitten und abgefüllt. Viele Weine bekommen erst vor der Flaschenabfüllung eine sehr geringe Menge von z.B. 30mg/Liter Schwefel zugesetzt um die Weine in der Flasche zu stabilisieren. Joãos Faustregel: So wenig wie eben möglich.
Curtimenta, das ist in Portugal die gängige Bezeichnung für "Skin contact"-Vinhos ("Rufia-Orange"). Köstlich! Falls ihr euch über die ungewöhnlichen Fässer wundert, in denen die Reservas lagern: Kastanie. Kastanienfässer geben so gut wie keine "Holzaromen" an den Wein ab. Am Ende unserer ausgiebigen Probe spülte der Weinmacher alle Zapfhähne gründlich mit Wasser ab/aus. Hygiene ist das A und O für gute Qualität.
Rufia Rosado 2018 - Der Hauptgrund für meines Besuch. Joãos Rosé, ungefiltert, aus den Rebsorten Rufete und Touriga Nacional. Schönes Spiel aus Frische, Frucht und Säure. Erdbeere, Gewürze. Bei 8 - 10°C großer Sommerspaß im Glas! Auf der Feinhefe ausgebaut und dann direkt aus dem Edelstahltank abgezogen. 12 % Vol.
Terras de Tavares Dão DOC Reserva 2007 - Der neue Jahrgang unter den Reservas, der jetzt in den Markt kommt. Ein gereifter, vielschichtiger Tinto. Ein Exemplar, das die charakterstarken Dão-Weine bestens repräsentiert. Dunkelviolett im Glas. Beerenaromen, Frucht, Eukalyptus, Earl Grey und butterweiche Tannine. 2007: Ein wirklich guter Jahrgang, wie bereits der Jaen 2007 bewies. Ich hatte zum RotweinQueijo Cabre Curado und Fatias de Porco Preto genascht. Lecker!
Rufia 2016 Tinto - Klasse "Trinkfluss" bei diesem filigranen Rotwein mit gerade einmal 11 % Vol. Der Blend aus den Rebsorten Rufete, Jaen und Touriga Nacional liefert die volle Fruchtbreitseite, viel Beeren und spürbare Tannine. Alles rund und ausbalanciert. Ungeschönt. Unfiltriert und mit ganz wenig Schwefel. Ein echtes Genuss-Erlebnis für unter 10 EUR!
In bester "Rufia"-Traditions hat João vom Jahrgang 2019 zwei leichte, frische "Sauf-Weine" im Portfolio. Den "Tretas" aus den Sorten Jaen, Rufete und Touriga Nacional und den "Lereo-Lero" aus den Rebsorten Jaen und Rufete.
Würzig, frisch, ein leichter Sommer-Spaß, der jung getrunken mächtig Spaß macht.
Beide Rotweine haben lediglich 11 % Vol. und liegen mit jeweils 11 EUR/Flasche auch nicht schwer auf der Tasche ...
"Käseplatte" und Rotwein geht immer, wenn man gute Freunde verwöhnen möchte. Eingestiegen bin ich zu der Dão-Session mit einem Soito Jaen Reserva 2016, Himbeere, Kirsche, straffe Tannine, großes Kino, viel Aaahs und Hmmms. Danach ging es ganz unprätentiös weiter, ohne das ich groß was zu dem nächstem Wein erzählt hätte. Geöffnet, eingeschenkt. Die Gemeinsamkeit? Der Terras de Tavares Reserva 1997 ist ein Cuvée aus der Jaen, mit Tinta Roriz und Touriga Nacional. Super elegant. Ausgewogen. Als ich meinen begeisterten Gästen dann verriet, dass der Rote bereits 23 Jahre auf dem Buckel hat, klappten die Unterkiefer herunter. Kein Wunder: Joãos Erstlingswerk steht wie eine Eins, hat Zug und Frucht. Leichte 12,50 % Vol. Eine Granate, die viel über das Alterungspotential der Dão-Weine verrät ...
Frische, Würzigkeit! Nicht unbedingt die Attribute, die mich an die Jaen denken lassen. Der Jaen, oder Mencia (wie die Rebsorte in Spanien heißt), schreibe ich organoleptisch eher fruchtige Aromen zu. Erdbeeren, Kirsche, bei sehr reifem Lesegut auch mal schnell "verkocht, marmeladig". Ganz anders präsentiert João die Rebsorte: Leicht, würzig mit ordentlich Trinkfluß. Gerne runterkühlt auf 15°C als Stand-Alone-Genuss. Der Ausbau erfolgte in Kastanien-Fässern, die sich sehr neutral verhalten und nichts übertünchen. Ich tippe aufgrund des geringen Alkoholgehalt (leichte 12,50 % Vol) und der Eleganz auf eine frühe Lese. Trotzdem bringt der Tinto genug mit, um auch als Begleiter zu einem üppigen Gericht zu punkten! Der Preis? In Portugal beim Händler um die 15 EUR/Flasche! Toller Tinto!
03/2021: Ein Online-Tasting rund um den Rufia Branco 2019 und Rufia Tinto 2017 organisiert von den Deutschland-Importeuren der Tavares de Pina-Weine: Philipp & Daniel von OFF GRID. João, der Winzer, erläuterte geduldig und ausführlich seine Weine, seine Philosophie und traf mit seinen leichten, frischen Weinen den Nerv der sympathischen Runde. Die Pandemie trennt, aber sie vereint auch virtuell und schafft auch neue Formate! Gerne mehr davon ...