[Juni 2024] Nun könnte man meinen die wohlverdiente Guide MICHELIN 2024 Bib Gourmand-Auszeichnung sei der Grund dem FLORA (FOOD & WINE) in Viseu erneut einen Besuch abzustatten. Und ja, ich muss zugeben, ein bisschen neugierig war ich schon, wie sich die Küche der beiden sympathischen Gastronomen seit letztem Jahr entwickelt hat. Was soll ich sagen: Die Auszeichnung scheint João und Anna geradezu beflügelt haben, ein deutlicher Qualitätssprung und die Kombination feiner und ungewöhnlicher Aromen ist eine wahre Freude am Gaumen, die Teller sind noch ein bisschen filigraner angerichtet und die bestens kuratierte Weinharte eh über jede Mäkelei erhaben. Zum Qualitätssprung beitragen mag auch, dass nun der Fokus ausschließlich auf zwei Menüs liegt (6 Gänge für 45 EUR bzw. 8 Gänge für 65 EUR/Person). Ein sensationelles Preis-/Genuss-Verhältnis. Bodenhaftung pur und den Service rockt Anna nach wie vor superfreundlich, unaufdringlich-umsichtig und mit einem Timing "auf den Punkt". Bei Zubereitung und Zutaten kennt sie sich perfekt aus und trägt dies fließend mehrsprachig mit viel Enthusiasmus vor. Ein Restaurantbesuch zum entspannen und genießen!
Los ging es mit einem (fast schon) Klassiker im Glas: Espumante 3B Blanc de Blancs Brut Nature von Filipa Pato. Herrlich.
Ich habe mich für 8 Gänge entschieden, es gab:
Hausgemachtes Brot und Butter
1. Tartelette mit Garnelen, Nektarinen, Shiso
2. Pilzparfait auf Brioche mit eingelegten Kirschen und Pfifferlingen
3. Trockengereifte Mackrele mit XO-Sauce und fermentierte Sellerieknolle
Beim Wein ging es mit einem feinen Arinto von der Quinta da Várzea da Pedra weiter.
4. Tintenfisch, Haselnuss, Kardamom, Kaffee-Öl
5. Bacalhau, grüne Bohnen mit Sangueira und Pil Pil
6. Entenbrust mit Endivien, konfitierten Kirschen und einer Soße aus Hühnerleber und fermentierten Chili
Zur butterzarten Entenbrust gab es einen 2002er Terras de Tavares von João Tavares de Pina, würzig-komplex aber leicht genug, um die Ente harmonisch zu unterstützen.
Der Nachtisch mausert sich zu meinem heimlichen Liebling, diesmal elegant ausbalanciert von einem Barbeito Madeira Boal Reserva, mit einem perfektem Süße-Säure-Spiel.
7. Zitrus-Sorbet, Ingwer-Curd, Mandelcrumble, Meringue
8. Weißes Schokomousse, Aprikoseneis, in Kamille-Sirup, konfitierte Aprikosen und Blätterteig
Ein Gedicht! Ich komme gerne wieder! Keine Frage.
[Juni 2023] Seit nunmehr eineinhalb Jahren rockt die "deutsch-portugiesische Gastro-Guerilla" die Gaumen im eher konservativen Viseu. Anna und João, es war mir eine wahre Freude, denn bei euch stimmt einfach alles: Sauleckere Gerichte. Lokale, frische Produkte. Akkuratesse in der Zubereitung. Bodenständigkeit, will heißen ein stimmiges Preis-/Leistungsverhältnis. Ein charmanter, unaufdringlicher aber stets aufmerksamer Service. So soll es sein, so fühlt man sich als Gast pudelwohl! Und dazu diese Hingabe für Wein! Die beiden Gastronomen lieben Weine, der Name ist also Programm! Großartig! Ich habe mich für ein "5 Momente"-Tastingmenü entschieden...
Vorab gab es ein superleckeres Weizen-Gersten-Brot aus langsamer Fermentation (Vorteig aus Weizenmehl, Wasser, Salz und Hefe fermentiert über Nacht, dann ansetzen des Brotteigs am nächsten Tag, Zugabe von Gerstenbrei, dann nochmals kalte Fermentation über 24h) und fermentierte Butter.
Dann hatte ich als Willkommenssnack eine pikante Polenta mit karamellisierten schwarzen Oliven und eingelegtem Fenchel sowie Hühnerleber-Parfait mit eingelegten Trauben zwischen zwei Kräckern aus schwarzem Sesam.
1. Moment: Tartelette mit Herzmuscheln und Chipotle. Dazu ein erfrischender Rufia Clarete !
2. Moment: Rosa Garnele (in salz „gegart“, also fast roh) mit Blaukraut, angemacht mit saurer Sahne/Ganzkornsenf und frischen Dulse-Algen. Dazu ein Tinto von Antonio Lopes Ribeiro ...
3. Moment: Bacalhau mit Morcela, Grünen Bohnen und Pil Pil (dazu werden die „Abfall“-Produkte des Fischs, nämlich Gräten und Haut, so lange gekocht, bis das ganze Kollagen austritt)
4. Moment: Presa vom Iberischen Schwein, Knollensellerie-Püree, gerösteter weißer Gänsefuß und hausgemachtes Schweinefleisch-Garum. Für das Garum wird zunächst Reis mit Aspergillus-Kulturen fermentiert (Koji), was danach wiederum mit Schweinehack vermischt wird und nochmal einen Monat lang weiterfermentiert
5. Moment: Eiscreme aus den Blättern roter Johannisbeere (die Blätter ziehen über Nacht in Milch), Himbeer-Coulis, und rote Johannisbeeren. Das war das leckerste Gelado, das ich jemals in Portugal bekommen habe!
Allgemein wird im Flora alles nach Bestellung frisch zubereitet, nur z.B. die Presa wird im Vorfeld geräuchert und bei niedriger Temperatur vorgekocht. Darüber hinaus arbeiten die beiden mit regionalen und saisonalen Produkten, wann immer möglich aus Bio-Anbau bzw. regenerativer Landwirtschaft. Und sie versuchen immer alle Bestandteile eines Produkts zu verwerten um den Abfall so gering wie möglich zu halten, daher das ganze einlegen/fermentieren/räuchern/rösten etc. Und der Nachhaltigkeitsgedanke setzt sich dann auch auf der Weinkarte fort. Eine - wie ich finde - der spannendsten Weinkarten in der gesamten Region! Schöner Zufall, die Winzer von Vizinho Vinhateiro (Charlotte Hugel und Paul Chevreux) saßen am Tisch neben mir, wir kamen ins plaudern und ich durfte einen ihrer rebsortenreinen Tintos probieren (einen Baga vom Dão).
Rua Grão Vasco 21
3500-138 Viseu
Di - Sa 19:00 Uhr - 23:00 Uhr
+351 / 232 104 683
reservas@florarestaurante.pt